Gelernt haben die meisten von uns, die Beete werden im Herbst abgeräumt, der Garten winterfest gemacht: Stauden werden zurückgeschnitten, Laub von den Beeten entfernt, unansehnlich gewordene Einjährige gejätet. Damit alles ordentlich aussieht.
Wenn wir an Insekten, Vögel und Kleintiere denken, sollten wir von manchen Praktiken abrücken. Diese brauchen nämlich einen "unordentlichen" Garten, in dem Laub liegenbleibt, in dem Stauden erst im späten Winter/Frühling zurückgeschnitten werden und Gärtner*innen es "aushalten", wenn es ein wenig wild und vielleicht ungewohnt aussieht.
Warum?
Die letzten Blüten sind wichtiges spätes Nahrungsangebot für Insekten.
Samenstände von Stauden wie Sonnenhut und Einjährigen wie Sonnenblume, Borretsch oder Flockenblume dienen Vögeln, wie Distelfink und Grünfink als Nahrung.
In hohlen Stengeln finden Insekten Unterschlupf oder haben Wildbienen im Sommer ihre Brut gelegt; schneiden wir alles ab, landen die Bienenlarven in der Biotonne oder auf dem Kompost.
Laub, das auf Erde fällt, wird nach und nach zu Humus umgewandelt, es gibt damit Nährstoffe wieder ab und sorgt für gute Böden. Dies machen wir uns zu Nutzen: Laub kann als Winterschutz auf Staudenbeete wandern oder als dicke Schicht unter Gehölzen liegen bleiben.
Unter Laub können Insekten überwintern, z.B. Marienkäfer und Ohrenkneifer, Regenwürmer ernähren sich von Laub, Igel holen es sich für das Nest für den Winterschlaf.
Nur auf dem Rasen sollte Laub nicht liegenbleiben, das wird matschig und kann anfangen zu schimmeln, die Gräser bekommen nicht genug Luft.
Laubbläser kommen bei einem lebendigen Garten natürlich nicht in Frage, denn sie pusten mit dem Laub auch die oberste fruchtbare Erdschicht weg.
Laub kann in einem einfachen Holzkomposter zu Laubkompost verrotten; wenn nur Laub darin landet, geht dies relativ schnell. Über Laubkomposterde freuen sich dann im nächsten Jahr Rhabarber und Beerensträucher. Bei Eichenlaub dauert es allerdings wesentlich länger...
Wer Platz hat, recht das Laub auf einen Haufen und legt ein paar Äste zum Beschweren darauf, dann gibt es Überwinterungsplätze für kleine Tiere und Insekten.
Überwinterungsmöglichkeiten im Garten anbieten:
Jetzt ist auch noch Zeit, Rückzugsmöglichkeiten für verschiedene Tiere im Garten anzulegen: lose Steinhaufen oder Pyramiden bitten Winterschutz für Eidechsen, Molche u.a., Totholzhaufen oder -hecken für Blindschleichen, Igel und Käfer (siehe weiter unten "Winter - Totholz als wichtiger Lebensraum").
Crocus Tommasianus / Elfen-Krokusse
Foto: Andreas Rockstein - Flickr Commons (Creative Commons Licence Version 4.0)
Im Herbst ist die Zeit, Zwiebeln für Frühblüher zu stecken.
Frühblüher dienen Bienen und anderen Insekten als erste wichtige Nahrungsquelle im zeitigen Frühjahr.
Hummelköniginnen sind schon früh im Jahr aktiv (ab Februar) und benötigen dann Pollen und Nektar, um ein Volk gründen zu können.
Zu empfehlen sind u.a. Wildkrokusse (s.o.), Traubenhyazinthen und Blausternchen.
Auf der Webseite der Blühenden Landschaften finden sich Listen mit Empfehlungen und Informationen zu insektenfreundlichen Zwiebelpflanzen.
Die anspruchslose Traubenhyazinthe ist eine begehrte Nektarquelle für die ab März fliegenden gehörnten Mauerbienen.
Foto: Martin Herbst, www.garten-der-gruenspechte.de
Im Winter werden vielerorts Obstbäume geschnitten und Sträucher "verjüngt".
Wer unsicher ist, für welche Gehölze und zu welchem Zeitpunkt der Schnitt erlaubt ist, kann die genauen Regeln für den Gehölzschnitt im Informationsblatt des Landkreises Kassel finden: 201009_Gehoelzschnitt_und_-pflege.pdf
Das Holz, das beim Schnitt anfällt, bietet, z.B. aufgeschichtet, Insekten und anderen Kleintieren wertvollen Lebensraum.
Totholz im Hausgarten ist bestimmt für manche ein ungewohnter Anblick und entspricht nicht dem "aufgeräumten" Gartenbild.
Aber in lebendigen Gärten, die Lebensraum bieten, ist Totholz genau richtig!
Denn trotz des Namens "Totholz" bietet dieses Material einen höchst lebendigen und notwendigen Lebensraum. Z.B. Larven der verschiedenen Bockkäfer ernähren sich von Holz, die Blattschneiderbiene, die seltene Holzbiene und Wespen legen ihre Brut in alten Käfergängen an.
Vögel finden Nahrung und nisten im Totholz, Igel können Winterschlaf halten, Amphibien sich verstecken u.v.m.
Hornissen an Totholz Grabwespe
Fotos: Martin Herbst, www.garten-der-gruenspechte.de
Totholz kann z.B. einfach in einer Ecke aufgeschichtet werden und sich selbst überlassen werden. Bei der Benjeshecke (siehe rechts) wird Gehölzschnitt als Wall aufgehäuft und mit vorhandenen lebenden Gehölzen verzahnt oder im Laufe der Jahre mit Pflanzenbesiedelt (durch Samen im Vogelkot und Samenflug). Ein Konzept, das Platz und Zeit benötigt und für die meisten Hausgärten vielleicht nicht unbedingt passt ;-)
Foto: spilling (benjeshecke, totholzwall) 2008-02
Foto: Klasse im Garten - Flickr Commons (Creative Commons Licence Version 4.0)
Für kleinere bis größere Gärten sind Totholzhecken oder dem -zäune gut geeignet: Hier wird Gehölzschnitt zwischen Pfosten aufgehäuft, bzw. gestapelt. Die Entfernung der Pfosten entscheidet über die Breite der Hecke oder des Zauns.
Auf der folgenden Seite gibt es zum Einsatz von Totholz einige Bilder und Anleitungen:
https://www.naturgartenfreude.de/totholz/im-garten/totholzaun/
Der Buntspecht ernährt sich von Käferlarven im Totholz
Foto: Martin Herbst, www.garten-der-gruenspechte.de
Gehörnte Mauerbiene
Foto: Osmia cornuta 190320 064.jpg von Jürgen Mangelsdorf - Flickr Commons (Creative Commons Licence Version 4.0)
Alle Fotos: Martin Herbst von www.garten-der-gruenspechte.de
Honigbiene auf Schlehenblüten
Foto: Ruth Brosche, Ahnatal
Soll Ihr Garten "lebendiger" werden?
Wenn eine Herbstpflanzung nicht stattgefunden hat, dann ist im Frühling ein guter Zeitpunkt, die eigene Gartenbepflanzung zu überdenken und insekten- und vogelfreundliche Sträucher und Stauden zu pflanzen.
Überprüfen Sie selbst, wie insekten- und tierfreundlich Ihr Garten ist.
Einen hilfreichen Selbsttest haben Studenten/-innen der Leuphana Universität in Lüneburg entwickelt. Den Test finden Sie hier oder hier ein wenig abgewandelt von der Zeitschrift "Biene und Natur".
Es helfen auch folgende Fragen:
Und dann folgt das Schönste für Gärtnerinnen und Gärtner:
Für den vorhandenen Boden passende Stauden und Gehölze aussuchen und pflanzen!
Hier gibt es sehr übersichtliche und informative Listen von bienenfreundlichen Pflanzen für Balkon und Garten.
Ein Tipp:
Wurzelnackte Gehölze und Wildrosen sind wesentlich preiswerter als Containerware, sie sind in den örtlichen Baumschulen zu erhalten und ab Oktober zu pflanzen. Lassen Sie sich bei der Baumschule beraten, was zu beachten ist und ob eine Pflanzung jetzt noch erfolgversprechend ist.
Ohne Insekten kein Nachwuchs! Kleiber mit Baumsamen, daneben ernährt er sich von Insekten und auch Nüssen. Für die Aufzucht der Jungen benötigt er Insekten, Insektenlarven wie auch -eier!
Foto: Ruth Brosche, Ahnatal
27.02.2019: Eine Hummelkönigin saugt mit ihrem Rüssel in Wasser aufgelösten Zucker, der ihr auf einem Teelöffel angeboten wird. Nach 15 Minuten Ruhezeit war sie wieder fit!
Wenn Sie im Februar/März Hummeln sehen, dann sind dies in der Regel Königinnen, da bei Hummelvölkern nur die Jungkönigin überwintert.
Nun ist die junge Königin auf der Suche nach einem Nistplatz (je nach Art Totholzhaufen, Steinspalten, verlassene Mauselöcher usw.), an dem sie ein neues Volk gründen kann.
Wenn Sie im zeitigen Frühjahr eine entkräftete Hummelkönigin finden, können Sie ihr eine Zuckerlösung (Zucker in Wasser aufgelöst) auf einem Teelöffel reichen, damit sie wieder Energie tanken kann. Hier erfahren Sie noch mehr, wie Sie Hummeln helfen können: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/hautfluegler/hummeln/06351.html
Bild 1 Kleiner Fuchs Foto: Martin Herbst www.garten-der-gruenspechte.de
Bild 2 Schwalbenschwanz Foto: Martin Herbst, www.garten-der-gruenspechte.de
Bild 3 Zitronenfalter Foto: Ruth Brosche, Ahnatal
Bild 4 Taubenschwänzchen Foto: Ruth Brosche, Ahnatal
Schmetterlinge sind schön anzusehen und gehören zum Sommergarten.
Aber wie viele und welche Schmetterlinge sind bei Ihnen unterwegs?
Diese Insekten benötigen heimische Pflanzen, die den geflügelten ausgewachsenen Tieren Nektar bieten, sowie Pflanzen, an denen die Eiablage statt und die Raupe Nahrung finden kann.
Schmetterlinge und ihre Raupen sind auf bestimmte Pflanzen "gepolt", d.h. die Beziehung Nahrungspflanze - Schmetterling und Schmetterlingsraupe - Futterpflanze hat sich evolutionär in Jahrhunderten/-tausenden entwickelt. Die Luftakrobaten können nicht einfach umschwenken auf andere Pflanzen...
Z.B. fressen Schwalbenschwanzraupen Dillblätter, die Raupen des Malven-Dickkopffalters benötigen Malven, der Aurorafalter die Knoblauchrauke zur Eiablage.....
Manche Pflanzen wie der Dost/Wilder Majoran, Thymian und Natternkopf bieten Nahrung für viele Falter.
Hier gibt es ausführliche Informationen zu geeigneten Schmetterlingspflanzen:
https://www.bund.net/themen/tiere-pflanzen/schmetterlinge/schmetterlingsgarten/
Hier gibt es einen Artikel des NABU zu Schmetterlingen im Garten:
Hier finden Sie eine Anleitung für eine Schmetterlingsspirale mit Blumen, die Schmetterlinge lieben:
Viele Tipps finden Sie auch im Buch "Mein Schmetterlingsgarten" von Elke Schwarzer.
Vielleicht haben Sie gar keinen Garten und fragen sich, wie Sie Ihren Balkon insektenfreundlich bepflanzen können?
Auch auf kleinem oder kleinstem Raum lässt sich Nahrung für Insekten pflanzen und damit Positives für die Artenvielfalt in Stadt oder Dorf erreichen:
"Jede Blüte zählt!"
Bei geschickter Auswahl der Pflanzen brauchen Sie dabei auch nur wenig gießen. Es lohnt sich auch mehrjährige Stauden zu pflanzen, dann müssen Sie nicht jeden Frühling neu pflanzen.
Viele Kräuter und mediterrane Sonnenliebhaber-Pflanzen benötigen ein durchlässiges und nährstoffarmes Substrat im Topf, welches Sie selber mischen können, aus einem Drittel guter torffreier Blumenerde - ein Drittel Sand - ein Drittel Kies oder Splitt.
Dies lieben Pflanzen wie z.B. Lavendel, Katzenminze, Zierlauch, Wollziest und Blauraute /Perovskie, Fetthennen und Kräuter wie Oreganum, Salbei, Thymian u.a.
Eine tollen Artikel mit Tipps, wie Sie Ihren Balkon insektenfreundlich zum Blühen bringen, finden Sie bei der Initiative "Blühende Landschaften":
http://www.bluehende-landschaft.de/fix/doc/B%26N%20Balkon_2018.pdf
Und hier eine Übersicht, auch von den "Blühenden Landschaften", die gezielt Wildpflanzen benennt, die auf dem Balkon gepflanzt werden können:
http://www.bluehende-landschaft.de/fix/doc/NBL-29_Wildpflanzen%20_f%FCr_den_Balkon-2016.pdf
Auf der Seite des Hessischen Umweltministeriums gibt es ein Poster zum Download, das Pflanzideen für das Bienenbuffet auf Balkon und im Beet aufzeigt:
https://umwelt.hessen.de/sites/default/files/media/hmuelv/poster_bluhkalender_web_0.pdf
Foto: Ruth Brosche, Ahnatal
Igel sind stark davon betroffen, dass die Zahl der Insekten zurückgeht, denn sie ernähren sich von Insekten wie z.B. Laufkäfern, Raupen, Ohrwürmern und Hundertfüßlern. Weniger Insekten insgesamt bedeutet, dass Igel weite Strecken zurücklegen müssen, um genug Nahrung zu finden. Dies führt generell zu einem höheren Energieverbrauch und dazu, dass sich die stacheligen Kleinsäuger nicht genug Winterspeck für den Winterschlaf anfuttern können.
Erschrecken Sie jetzt in diesen Monaten nicht, wenn Sie abends im Garten ein lautes Schnaufen oder Fauchen hören. Zwischen Mai und August ist Paarungszeit bei den Igeln und dabei wird es auch laut! Nach einigen Wochen Tragezeit bringt das Igelweibchen blinde und taube Igeljungen auf die Welt. Die Jungen haben zwar schon Stacheln, diese sind zu Anfang aber noch weich!
So sieht ein igelfreundlicher Garten, in dem Igel Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten finden, aus:
Sorgen wir jetzt für die Igel, unterstützen wir, dass diese genug Nahrung bekommen und gut über den Winter kommen.
Da das Nahrung finden für Igel, wie oben beschrieben, schwieriger geworden ist, empfehlen manche Igel-Experten (z.B. www.pro-igel.de) eine Futterstelle, die mit Katzennass- oder Igeltrockenfutter bestückt wird.
Damit das Futter vor Katzen und Waschbären geschützt ist, kann der Bau eines Futterhauses sinnvoll sein.
Ein Futterhaus kann z.B. so aussehen, siehe Foto links.
Eine Anleitung dafür finden Sie auf der Seite von www.pro-igel.de:
http://www.pro-igel.de/lebensraum/lebensraum_pdf/bauanleitung_futterhaus.pdf
Futterhaus für Igel, Blick ins Innere
Foto: Birgit Hupfeld, Ahnatal
Auf dieser Seite finden Sie eine Vielzahl von weiteren Informationen rund um Igel:
Und hier gibt es eine Anleitung zum Winterhaus bauen:
https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/mission-gruen/17295.html
Zwischen März und Mai ist die beste Zeit, um Blühflächen anzulegen. Haben Sie eine warme trockene Fläche, die sie zum Blühen bringen wollen? Möglichst ohne Gräser und Winden, Klette o.ä.? Das wären die besten Voraussetzungen, damit es dort auch erfolgreich blüht.
Auf dem Praxisblatt von "Biene&Natur" erfahren Sie genau, wie Sie das Saatbeet vorbereiten und säen. Es gibt eine Fülle von Tipps und Tricks und auch die Information, welche Samenmischung die richtige ist.
http://bluehende-landschaft.de/fix/doc/b%26n-Saatgutmischung%20Fr%FChjahr_2017.pdf
Rote Mauerbiene Osmia bicornis
Foto: Jürgen Mangelsdorf - Flickr Commons (Creative Commons Licence Version 4.0)
Um mehr Tiere in den Garten zu locken, hier eine Ideensammlung:
Buchempfehlungen: